Neuroplastizität – Lebenslanges Lernen
Die Neuroplastizität, als das Vermögen des Gehirns, strukturelle und funktionelle Anpassungen als Reaktion auf Erfahrungen und Umweltreize zu unternehmen, gewährt uns die einzigartige Möglichkeit des lebenslangen Lernens und der Ressourcenakkumulation. Im Rahmen der Lehren Viktor Frankls über eine parallel geordnete Werteordnung wird die Relevanz betont, verschiedene Lebensbereiche zu adressieren, um eine ganzheitliche Entwicklung zu begünstigen.
Wertehierarchie
Die konventionelle pyramidal strukturierte Wertehierarchie, die auf einer zentralen Ressource basiert, wird durch eine parallel geordnete Werteordnung ersetzt. Dies impliziert die Diversifizierung der Fokusgebiete auf unterschiedliche Lebensaspekte, seien es persönliche Entfaltung, soziale Interaktionen oder berufliche Erfüllung. Frankls Akzentuierung der Suche nach einem höheren Sinn und Zweck im Leben wird in diesem Kontext als Katalysator für eine erfülltere Existenz betrachtet.
Die Konzeption einer parallel geordneten Werteordnung harmonisiert mit der Neuroplastizität. Durch anhaltendes kognitives Engagement, die Aufnahme vielfältiger Erfahrungen und die Ausweitung des kognitiven Horizonts wird die neuronale Adaptationsfähigkeit gefördert. Dies manifestiert sich in der Entwicklung neuer synaptischer Verbindungen und bildet somit die Basis für einen facettenreichen Ressourcenschatz, der im Lebensverlauf von Nutzen ist.
Bewegung
Ein weiterer essenzieller Aspekt ist die Berücksichtigung körperlicher Bewegung. Evidenzbasierte Forschung zeigt, dass regelmäßige körperliche Aktivität nicht nur die physische Gesundheit fördert, sondern auch kognitive Funktionen stärkt. Durch die Stimulation der Neurogenese, dem Prozess der Bildung neuer Neuronen, trägt körperliche Bewegung unmittelbar zur Unterstützung der Neuroplastizität bei. Eine ganzheitliche Herangehensweise, die geistige Stimulation mit körperlicher Aktivität verknüpft, ergibt somit ein umfassendes Modell zur Förderung kognitiver und physischer Ressourcen im Lebensverlauf.
Prof. Dr. Gerd Kempermann vom Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Dresden formuliert eine zentrale These: „Gehirne sind entstanden, um Bewegung zu ermöglichen. Egal, was wir denken oder tun, Bewegung ist das Ergebnis. Auch Sprache entsteht letztlich nur durch Bewegung.“ Vor diesem Hintergrund ist die Kognition – evolutionsbiologisch betrachtet – eng an Bewegung gekoppelt. Eine Anpassungsfähigkeit des Gehirns ist entsprechend dieser Sichtweise eine Grundlage, um das Ausmaß der Erfahrungen und der Motilität verarbeiten und einen Nutzen daraus ziehen zu können.
„Die Bewegung in der freien Wildbahn und größer werdende Radien an Bewegung signalisierten den Gehirnen unserer Vorfahren, dass eventuell neue und unbekannte Situationen auftreten könnten, die (Re)Aktionen erforderten, welche im üblichen Verhaltensrepertoire nicht fest verankert waren“, erklärt Prof. Kempermann. Heutzutage sind Kognition und Bewegung häufig weitgehend entkoppelt: Einerseits sitzt man den ganzen Tag quasi bewegungslos am Schreibtisch und verrichtet geistige Arbeit, andererseits bewegt man sich mitunter quasi reizlos auf einem Laufband. „Wir dissoziieren, was in der Evolution eigentlich miteinander verbunden war“, erklärt Kempermann. (1)
Ressourcen
Abschließend kann man betonen, dass diese integrale Perspektive, die die Prinzipien einer parallel geordneten Werteordnung, Neuroplastizität und körperlicher Bewegung einschließt, nicht nur die Wichtigkeit einer ausgewogenen Lebensführung im Hier und Jetzt, sondern legt auch den Grundstein für einen diversifizierten Ressourcenpool, der im Alter abgerufen werden kann.
Literatur:
- Norman Doigde: „Neustart im Kopf“ (2014), „Wie das Gehirn heilt“ (2015)
- Eric Kandel u.a.: „Toward a neurobiology of psychotherapy: Basic science and clinical applications” Journal of neuropsychiatry and clinical Neurociences 17 (2005)
- (1) Verein zur Förderung der Sportmedizin Hannover e.V.
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